Das Abenteuer Ausland für einen Koch aus dem Unterland - Teil 1 von 3
Aktualisiert: 30. März
Ende 2008 habe ich, nach reiflicher Überlegung, Deutschland gen Philippinen verlassen. Ich wollte schon immer woanders leben und arbeiten. Und obwohl ich gebürtiger Filipino bin, steckte schon immer mehr das Deutsche in mir. Daher war es für mich eine Reise ins (fast) Unbekannte.
Ich habe auch sehr schnell eine Arbeitsstelle als Küchenchef in einem Hotel in Dauin- Negros Oriental ergattern können. Negros ist eine von mehr als 7000 Inseln, die die Philippinen ihr eigen nennen dürfen. Das bedeutete logischerweise, dass ich bei so vielen Inseln, auf einer landen musste, die knapp 1,5 Stunden Flugentfernung von meiner, auf den Philippinen lebenden, Verwandtschaft enfernt war.

Das Ganze wurde dadurch natürlich nicht einfacher, denn meine heutige Frau (damals noch Freundin) und ich, kannten dort niemanden und wir waren deswegen auch ein bisschen nervös, aber auch aufgeregt zugleich.
Wir sind dann von Manila, die Hauptstadt, nach Dumaguete City geflogen. Dumaguete ist die größte Stadt auf Negros Oriental mit einer Gesamtpopulation von 130 Tausend Bewohner, und zirka 30 Minuten Autofahrt entfernt von Dauin, unserer neuen Heimat.

Auf der Fahrt durch die Stadt habe ich viel Hektik empfunden, aber sobald wir dann raus aus der Stadt waren und über den Highway, erst Richtung Bacong, dann Richtung Dauin fuhren, stieg das Freiheitsgefühl in mir auf. Mir wurde dabei dann erst bewusst, dass dies ein neuer Lebensabschnitt werden würde. Das Meer konnte man an vielen Stellen von der Straße schon erblicken und wir freuten uns schon wie kleine Kinder, endlich im kalten Nass plantschen zu können. Ich habe eine Euphorie versprüht und ich war nur glücklich, dass wir im Paradies angekommen sind.
Auf dem Foto, wo der Pfeil hinzeigt, war dann auch ungefähr unser neues Zuhause.

Ich muss dennoch zugeben, dass schon nach einigen Tagen, das Gefühl in mir aufkam, nicht lange bleiben zu wollen.
Wie jetzt , fragt ihr? Ja, ich kann schon verstehen, wenn einige jetzt den Kopf schütteln und mich für verrückt erklären, weil ich das Paradies schon nach so kurzer Zeit wieder verlassen wollte.
Aber lasst es mich versuchen zu erklären: Ich arbeitete meist bis 22 Uhr und danach konnte ich es kaum erwarten nach Hause zu kommen. Über einen 10-Minuten-Heimweg zu Fuß, am Strand entlang, gelangte ich zu unserem Apartment. Kaum daheim angekommen, wollte ich nur noch unter die Dusche, etwas essen und vielleicht noch TV sehen oder ein Buch lesen. Nicht unbedingt in der Reihenfolge, aber so ähnlich stellte ich mir den Abendausklang dann vor. Aber Abend um Abend wurden diese Entspannungs- und Erholungspläne durchschlagen. Was ist passiert?
Wir hatten fast jeden Abend, ab etwa ungefähr 22:30 Uhr, einen Stromausfall. Dies bedeutete, dass wir über mehrere Stunden, meist 4-6 Stunden, keinen Strom hatten. Es war die Hölle, denn in Deutschland habe ich das noch nie erfahren. Klar habe ich schon mal einen Stromausfall erlebt, aber im (fast) täglichen Takt?!! Das war schon viel. Zu den unangesagten Stromausfällen, kamen dann auch noch die monatlichen Wartungsarbeiten dazu. An den Tagen hatte man dann meist von 8:00-17:00 Uhr keinen Strom.
Wir saßen dann am Abend oft mit Kerzen auf der Terrasse, denn innen war es ohne Ventilator und Klimaanlage viel zu warm. Unter diesen tropischen Bedingungen war das Schlafen auch nicht so einfach. Das war dann ein langes Hin- und Herwälzen bis man dann einschlafen konnte.
Die Frustration baute sich langsam auf, aber auch eine gewisse Traurigkeit beschlich mich zugleich. Da es wirklich wunderschön ist in Dauin und da auch die Kollegen, mein Chef und auch die Menschen, denen ich begegnen durfte, einfach supernett waren, hatte ich mit der Situation sehr zu nagen. Ich hatte meinen Arbeitsplatz direkt am Strand und unser kleines Apartment war auch nur ein 2-Minuten-Fußweg vom Meer entfernt. Ich habe oft an vergangene Gespräche mit meinen Kumpels in der Jugend gedacht. Wer kennt denn das nicht? Man träumt gemeinsam von so einem Leben am Strand. Leider haben, in all diesen Träumereien, die Stromausfälle gefehlt, sonst hätte ich mich wohl besser darauf einstellen können. Die Situation war extrem hart, weil ich auf der einen Seite eine tolle Arbeitsstelle gefunden habe, die mir Spaß machte, und auch das Arbeitsklima, unter den Kollegen, war einfach sensationell. Auf der anderen Seite, habe ich, verwöhnter Kerl aus dem Unterland, Zweifel bekommen, dass ich unter den gegebenen Umständen, mit ständigen Stromausfälle und den immer stärker werdendes Heimweh, glücklich werden würde.
Doch Schlußendlich haben die positiven Dinge überwogen und ich habe endlich begonnen, einfach die Schönheit der Insel zu schätzen. Diese Phase meines Lebens lehrte mich, dass man auch mit einem simplen Lebensstil glücklich sein kann. Wir, in Deutschland, haben oft das Gefühl, dass etwas fehlt, stattdessen sollten wir (öfters) über die Dinge dankbar sein, die man schon hat. Natürlich bin ich dessen auch schuldig und das war auch sicherlich der Hauptgrund, warum ich das Paradies wieder verlassen wollte. Rückblickend bin ich schon froh, dass ich dies nicht gemacht habe und ich es über die ersten Hürden geschafft habe. Denn das "einfache Leben" war unheimlich gut für meine Seele und es lehrte mich so viel über mich selbst, aber auch über das Leben im Allgemeinen. Natürlich hat es auch geholfen, dass die Stromausfälle, relativ schnell, von täglich, zu wöchentlich, und dann zu monatlich reduziert wurde.
Ja, ich gebe es zu - Ich bin, trotz neu gefundener Bodenständigkeit, tief drinnen, immer noch ein bisschen der verwöhnte Kerl vom Unterland. So ganz ohne Internet und Fortschritt würde es dann doch schwierig werden. Aber ich bin auch lebender Beweis dafür, dass manchmal weniger, sehr viel mehr für dich machen kann.
Im nächsten Teil werde ich euch dann von meiner Arbeit erzählen. Ich habe ja schon die ersten Eindrücke mit euch geteilt. Beim nächsten Mal, kommen noch sehr viele lustige Anekdoten, rund um meine Kollegen, dazu. Auch werde ich euch verraten, wie mich mein Job, in einem anderen Land, zu einem besseren Gastronomen, aber auch zu einem besseren Menschen gemacht hat.
Danke für euer Interesse. Bis zum nächsten Mal!
Denver Wickenhäuser
